Einfach wundervoll - Bei euch ist es immer so unheimlich still

Inhalt:


1989: Silvia wohnt als Hausbesetzerin in einer WG in Berlin. Ihr Baby ist nun wenige Monate alt, der Vater des Kindes möchte nichts mit ihr zutun haben und auch bei ihren Mitbewohnern eckt sie zunehmend an. Kurzerhand wird einem davon der Polo geklaut, ihre Tochter Hannah in einen Wäschekorb gelegt und die lange Fahrt in die Heimatstadt Ildingen angetreten.

Ihren Heimatort hat Silvia nach ihrer Zeit im Internat nicht ohne Grund komplett hinter sich gelassen, den Kontakt zu ihrer wohlhabenden Familie abgebrochen. Doch vielleicht ist es genau jetzt an der Zeit, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.


Silvias Mutter Evelyn lebt nach wie vor in Ildigen, ihr Mann ist verstorben und die Ärztin inzwischen in Pension. Dass ihre Tochter – und dann auch noch mit Enkeltochter – plötzlich nach so langer Zeit wieder vor ihr steht, tritt einiges in ihrem Leben los.

In emotionalen Rückblicken in die 50er und 60er Jahre erfahren wir stückweise immer mehr über Evelyns Vergangenheit und Silvias Kindheit und Jugend. Auch für Evelyn bricht nun eine Zeit der Veränderung an. Hier können Mutter und Tochter auf jeden Fall beide noch etwas voneinander lernen und eventuell ja sogar gemeinsam einen weiteren Schritt nach vorne machen.


Meine Meinung:

Dieses Buch ist einfach wundervoll.

Alena Schröder erzählt in "Bei euch ist es immer so unheimlich still" eine Familiengeschichte, die mit unterschiedlichen Zeitsträngen, tiefen Emotionen und gut ausgestalteten Charakteren überzeugen kann.
Dass Mutter und Tochter sich doch nicht so unähnlich sind, wie zumindest eine von ihnen immer geglaubt hat, dürfen wir im Laufe der Geschichte auch aus Rückblenden erfahren.


Gerade Evelyns Erzählstrang lässt uns spüren, wie schwer es eine emanzipierte Frau in den 50er und 60er Jahren hatte, selbst mit einem liebevollen und offenen Ehemann an ihrer Seite.
Doch auch Ende der 80er hat Silvia es als alleinerziehende Mutter mit unkonventionellem Lebensstil in ihrem beschaulichen Heimatort wahrlich nicht leicht.
Die Ausreißerin kommt nach Hause, was ohnehin in den seltensten Fällen leicht ist, aber dann auch noch mit Baby und ohne Mann dazu? Fast schon ein Skandal, auch noch 1989!

Die Einblicke in die Vergangenheit beider Hauptfiguren haben mich von Seite eins an mitfühlen lassen, sodass sich eine regelrechte Sogwirkung aufgebaut hat. Auch die Nebencharaktere sind gut gezeichnet und erhalten viel Tiefe, wodurch ein umfassendes Bild der jeweiligen Zeit und vor allem auch der Heimatstadt Ildingen vermittelt wird.

Der Roman überzeugt mit Authentizität, Emotionen und Zeitgeist.
Ich möchte das Buch unbedingt allen Belletristik-Freunden ans Herz legen, es ist einfach wundervoll.


„Silvia ahnte, was die alteingesessenen Ildinger von ihnen hielten: gar nichts.“




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