Zutiefst bewegend - Kontur eines Lebens

„Es war weit weg, irgendwo anders. Ich glaube, ich habe mein neues Leben darübergestülpt. Aber seitdem dein Vater tot ist … kann ich eigentlich an nichts anderes mehr denken.“



Ein streng katholisches Elternhaus, strikte Regeln für junge Frauen und beinahe keine Selbstbestimmung: So lange ist diese Zeit noch gar nicht vorbei.
Könntet ihr euch heutzutage noch vorstellen, nicht selbst über euren Körper bestimmen zu können? Wegen einer unehelichen Schwangerschaft nicht einmal mehr einen Job ausüben oder eine Wohnung mieten zu können? Euer Kind nach der Geburt nicht einmal sehen zu dürfen, auch wenn es die Geburt nicht überlebt hat?

Dass das in den 60ern so gesehen wurde, ist wahrscheinlich vielen klar. Doch wie oft sind solche tragischen Schicksale wirklich vorgekommen? Wie viele Frauen leben bis heute in der Ungewissheit, wie viele Kinder wurden irgendwo namenlos verscharrt?
Besonders erschreckend finden wir die Tatsache, dass die Frauen nicht einmal über die Ereignisse sprechen durften, ansonsten hätten sie alles nur noch verschlimmert. Einzig durch Schweigen und Anpassung hat Frieda in Kontur eines Lebens – und damit steht sie stellvertretend für sehr viele Frauen der damaligen Zeit – noch die Chance, nach ihrer Totgeburt ein normales Leben zu führen. Was das mit ihrer Psyche macht, ist dabei jedoch allen egal.


Wie soll man nur in Worte fassen, dass ein Roman, der solch erschütternde Themen behandelt, so großartig ist?
Jaap Robben schafft es, in "Kontur eines Lebens" neben schrecklichen Tatsachen auch tiefe Gefühle zu vermitteln. Wie sehr Frieda mit den Geschehnissen damals zu kämpfen hatte und welche Auswirkungen sie bis heute haben, wird so eindringlich geschildert, dass es mir mehr als ein Mal die Sprache verschlagen und die Tränen in die Augen getrieben hat.

Die Verarbeitung dieses Traumas und dass Frieda nach so langer Zeit endlich über ihre Vergangenheit sprechen kann, fühlt sich auch für uns als Lesende enorm befreiend an. Die Fortschritte, die es unserer Protagonistin auch im Bezug auf ihre Beziehung zu ihrem Sohn und dem zukünftigen Enkelkind ermöglicht, zeigt, wie wichtig die Aufarbeitung auch nach Jahrzehnten noch sein kann.
"Kontur eines Lebens" ist ein sehr besonderer Roman, der einfühlsam und mit Fingerspitzengefühl eine bewegende Geschichte erzählt, die zutiefst berührt.
Aufwühlend, emotional und erstklassig geschrieben!


„Aber immer, immer blieben die beiden Füßchen.“


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